Probleme zwischen Alten Griechen und den Hebräern, Seit wann und warum?

Probleme zwischen Alten Griechen und den Hebräern, Seit wann und warum?

Nach der Übersetzung des Alten Testaments in die griechische Sprache (Koine) durch72 hebräische Sprachkundigen zwischen 250 und 100 v.Chr. in Alexandria hatten die Gebildeten der damaligen Zeit endlich die Möglichkeit, den gesamten Text zu lesen und besser zu wissen, wie die Hebräer dachten.
Das Alte Testament, das später Septuaginta wurde, enthält die wichtigsten Informationen, welche die Hebräer über sich selbst und über die anderen Völker der Region hatten, und was ihre Religion war. Dieses Buch stellt dem Wesen nach die Mythologie der Hebräer dar, die jedoch nach Meinung der Hebräer historisches und zugleich ein heiliges Werk ist. Dieses ist in aber voll von Kriegen, Hass und Rassismus gegenüber den Nachbarvölkern. Ihr Gott Jahwe wird als enger militärischer Verbündeter in den endlosen Kämpfen der Hebräer gegen die kanaanitischen Völker beschrieben.
Der Höhepunkt der kulturellen, religiösen und ethnischen Nabelschau und Selbstverliebtheit war und ist die bekannte Äußerung, die Juden seien das “auserwählte Volk” Gottes, was bei allen Nachbarvölkern auf striktes Unverständnis sowie auf berechtigte Ablehnung stieß.
Die Gelehrten der griechischen Antike begannen sukzessiv damit, die Hebräer wegen ihrer besonderen Gewohnheiten zum Gegenstand von Untersuchungen zu machen. Der Direktor des berühmten Museums (Bibliothek) der griechischen Wissenschaft von Alexandria, der Grammatiker und fanatische Antisemit Apius, ging z.B. so weit, alles Antisemitische zu sammeln und zu veröffentlichen, was in den vergangenen Jahrhunderten im gesamten Hellenismus geschrieben und gesagt worden war.
Der jüdische Vertreter der Hocharistokratie, der zum Römer gewordene Flavius Josephus, einer der größten Historiker der Antike, stellte eine allmähliche Hellenisierung (Kultur, Sprache, Namen) der jüdischen Oberschicht in der Mehrheit fest und war überzeugt, dass die Gefahr des Aussterbens der Juden bestand. Das heißt, er konstatierte eine Krise der Identität der Juden.
In dem Bestreben, den nationalen Geist der Juden zu stärken, beschloss er, in einem historischen Buch zu beweisen, dass die Juden eine glorreiche Vergangenheit haben, und darüber hinaus ging er frontal auf Konfrontation mit Apios und mit der griechischen Kultur im Allgemeinen. Er hat sich systematisch und sehr detailliert mit allen antisemitischen Positionen des Apios auseinandergesetzt und dabei viele Zitate anderer griechischer Antisemiten verwendet.
Das Merkwürdige besteht darin,  dass Josephus in seinem umfangreichen Werk “Gegen Apion” (“Contra Apionem”) den Text des Apion gerettet hat, weil sonst von ihm nichts gerettet worden war. Kurzum, der jüdische Historiker wollte den Juden etwas Gutes tun und hat damit regelrecht den Antisemitismus entfacht! So wurde bekannt, welche antisemitischen Ansichten von bekannten Philosophen und anderen Gelehrten im antiken Griechenland vertreten wurden. Hier werden die bekanntesten Namen erwähnt: Theophrastos (Θεόφραστος (des Aristoteles bester Schüler und Nachfolger in der Πeripatetischen Schule (Περιπατητική Σχολή), der Historiker Lysimachus (Λυσίμαχος), der berühmte Sophist Poseidonius  (Ποσειδώνιος), der fast hellenisierte Ägypter Manethon (Μανέθων), ferner der  Berossos (Βηρωσσός), der Diodoros (Διόδωρος)  und der Historiker Damokrit (Δαμόκριτος).
Im Folgenden werden nur die wichtigsten Anschuldigungen gegen die Juden Erwähnung finden:
α) Sie sind Atheisten, weil sie nicht an anthropomorphe Götter glauben, sondern an einen sogenannten Gott, den niemand sehen kann. Wenn man ihn nicht sieht, kann er nicht existieren.
b) Sie betrachten sich als “auserwähltes Volk”, beleidigen damit andere Völker von höhere Zivilisationen, wie z. B. die Griechen, und grenzen sich deshalb von den Nachbarvölkern ab.
c) Als einziges Volk in der Region lehnen sie die Vermischung mit anderen Völkern ab. Dies ist beleidigend und stellt eine Rassendiskriminierung dar.
d) Sie essen kein Schweinefleisch wie andere Völker. Dies ist unverständlich, denn Schweinefleisch gehört zu der Grundnahrung der Völker.
e) Sie bewahren in ihrem Tempel einen Eselskopf aus in Gold.
f) Sie hassen die Griechen, die Ägypter und andere, ihnen überlegene Völker.
g) Sie verkehren nicht mit anderen Völkern.
h) Sie opfern lebende Tiere.
j) Anstatt die ganze Woche zu arbeiten, lassen sie freiwillig den siebten Tag aus.
Dann hat er in seiner Abhandlung “Jüdisches Altertum” die griechische Zivilisation und insbesondere die polytheistische Religion angegriffen und versucht, die Überlegenheit der jüdischen Zivilisation, vor allem der monotheistischen Religion, zu beweisen.
Als Josephus’ Pamphlet in Alexandria, dem damaligen Zentrum der griechischen Zivilisation, bekannt wurde, reagierten die Griechen sofort heftig auf die ihrer Meinung nach unverschämte Herausforderung durch einen jüdischen Historiker, der eine unbedeutende Zivilisation vertrat. Es kam zu großen Protesten der Griechen und hellenisierten Ägypter gegen die Juden; sie griffen sie zum ersten Mal an und töteten Tausende von Juden. Schließlich fand hierdurch das erste Pogrom gegen die Juden in der Geschichte der Menschheit statt.
Dieses Ereignis hat bei allen Juden in der ganzen Welt einen unvergesslichen Schock ausgelöst. Genau genommen, hat in Alexandria ein zugespitzter Kulturkampf in Form des ersten Pogroms zwischen den Alten Griechen und den Hebräern stattgefunden.

Literatur
-Flavius Josephus, Geschichte des Judäischen Krieges, Leipzig 1978.
-P. Schafer, Judeophobia : Attitudes toward the Jews in the Ancient, Harvard University Press, 1997. Der Autor untersucht die historische und die kulturelle Dimension dieses Phänomens. M.E. handelt es sich um die wichtigste Untersuchung zu diesem Thema.
-C.-P. Thiede/ U. Stingelin, Die Wurzeln des Antisemitismus, Judenfeindschaft
in der Antike, im frühen Christentum und im Koran, Basel 2002. Der besondere Wert dieses Buches besteht darin, zahlreiche antike Quellenzu enthalten.
-P. Birnbaum, Sur un nouveau moment antisémite, Paris 2015.
-R. Finzi, L’antisemitismo, Giunti 1997.
-F.Lillian, C., Antisemitism in the New Testament, University Press of America, 1994.
-C. Andersen et alt. (Edit. ), Lexikon der Alten Welt, Bände 1, 2, Tübingen und
Zürich 1990.
-M. Hengel, Judentum und Hellenismus, Tübingen 1988.
- Z. Yavetz, Judenfeindschaft in der Antike, München 1997. Auch in diesem interessanten Buch werden viele antike Quellen angeführt.
-Th. Klein et alt., Judentum und Antisemitismus von der Antike bis zur
Gegenwart, Düsseldorf 1984.
-L. Poliakov, Geschichte des Antisemitismus, I: Von der Antike bis zu den
Kreuzzügen, Worms 1977.
-G. Perednik, La Judeofobia, Barcelona 2001.

veröffentlicht 2014 und 2018 in der griechischen Zeitung Kathimerini (Καθημερινή) in Auseinandersetzung mit griechischen Neofaschisten, Rassisten und Antisemiten

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