Prinzipien und Normen des Völkerrechts, Ihr Verhältnis zueinander

Prinzipien und Normen des Völkerrechts, Ihr Verhältnis zueinander

Verhältnis von Prinzip und Norm im Völkerrecht als Gegenstand der Völkerrechtstheorie

Der Begriff „Prinzip“ bedeutet in der Rechtstheorie eine grundlegende Idee des Rechtssystems, eine normative Aufforderung und vor allem einen „Leitgrundsatz“ im Recht. In den Prinzipien kristallisieren sich heraus und vereinen sich die typischen Züge des jeweiligen Rechtstyps.

1 Dabei unterscheiden sich die Prinzipien des Rechts „von anderen ähnlichen gesellschaftlichen Kategorien, insbesondere von den Prinzipien der Rechtswissenschaft, des Rechtsbewusstseins…2  Weil der Begriff „Prinzip“ im

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1. S. S. Aleksejew, allgemeine Theorie des sozialistischen Rechts, Swerdlowsk 1963, S. 3 150 und 151 (in Russisch).
2. O. W. Smirnow, Das Wechselverhältnis von Normen und Prinzipien im sozialistischen Recht, in: SGIP, S. 11 (in Russisch).

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innerstaatlichen Recht eben etwas Grundlegendes per definitionem bedeutet, ist es nicht üblich, noch dazu den Begriff „Grundprinzip“ zu verwenden. Abgesehen davon, der Begriff „Grundprinzip“ wäre eine Tautologie und sogar bezüglich der Verwendung ein Pleonasmus. Die Prinzipien des Rechts besitzen Rechtsnormativität.

Die objektiven Erfordernisse in den internationalen Beziehungen finden über den consensus iuris generalis der Staaten ihre Widerspiegelung in entsprechenden grundlegenden und allgemeinanerkannten Prinzipien, die jedoch auch Rechtsgrundlage bei der Entscheidung konkreter Fälle sein können. Ein Prinzip des Völkerrechts ist wie jede Rechtsnorm eben eine normative Vorschrift. Seine typische Merkmale sind hoher Abstraktionsgrad, universelle Geltung, allgemeine Anerkennung und zwingender Charakter. Es bringt ferner grundlegende und konsensfähige internationale Werte zum Ausdruck und regelt das Verhalten ausnahmslos aller Staaten in ihrer Eigenschaft als Völkerrechtssubjekte.

Mit dem Ziel, in das gegenwärtige terminologische Chaos Ordnung zu bringen, ist in der UNITAR-Studie vom Oktober 1984 in Verbindung mit der Herausbildung von Prinzipien der Neuen Internationalen Wirtschaftsordnung der Versuch unternommen worden, den Begriff „Prinzip“ zu definieren. Dabei sind die Verfasser der Studie von der internationalen Praxis ausgegangen und haben insofern den Ist-Zustand eingefangen und beschrieben. Hiernach kann ein Prinzip folgendes sein: a) eine fundamentale Norm des Völkerrechts wie z. B. das Verbot der Gewaltandrohung und –anwendung; b) eine gut etablierte und tief verwurzelte Norm wie z. B. das Prinzip der Freiheit des offenen Meeres; c) eine Norm von allgemeiner Natur und größerer Reichweite als spezielle Normen.

Ausgehend von der Makrostruktur des Völkerrechtssystems könnte die Meinung vertreten werden, dass innerhalb dieses Systems sieben Prinzipien – sie sind in der UN-Prinzipien-Deklaration von 1970 genannt worden – und dazu noch zahlreichen Normen existieren. Einige Normen haben allgemeinen Charakter, ohne jedoch die Qualität der Prinzipien zu besitzen. Die meisten Normen sind jedoch spezieller Natur. Geht es dann um das Verhältnis zwischen den Prinzipien und den anderen Normen, so sind diese Unterschiede zu beachten. Hierdurch entsteht ein differenzierteres Bild, als im allgemeinen im Schrifttum angenommen wird. Zwischen ihnen kann in der Regel ein Wechselverhältnis bestehen. Auch ist es möglich, dass ein Prinzip Normen hervorbringt oder umgekehrt, d. h., es entstehen allmählich Normen, die sich eines Tages zu einem Prinzip verdichten.3  Prinzipien können von Normen spezifiziert werden. In diesem Falle gilt zwischen ihnen das Verhältnis von Allgemeinem (Prinzip) und Besonderem (Normen).4

Diese möglichen Beziehungen gelten jedoch nicht für alle Normen. Sie gelten z. B. nicht für Normen, die zwar allgemein und allgemein anerkannt sind, ohne jedoch Prinzipien zu sein. In einem solchen Fall kann nicht davon die Rede sein, dass die Normen die Prinzipien konkretisieren, ergänzen oder allmählich formen. Andererseits ist es durchaus möglich, dass Normen mit allgemeinem Charakter von speziellen Normen konkretisiert und ergänzt werden.
Der wesentliche Unterschied zwischen einem Prinzip und einer Norm besteht darin, dass erstere einen höheren Grad normativer Verallgemeinerung besitzen.

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3. UN-Doc. A/39/504/Add. 1, p. 34.
4. Siehe ähnlich auch V. Outrata,, Zum Begriff der allgemeinen und grundlegenden Prinzipien des Völkerrechts, in: Cazopis pro mezinárodni právo, 1961 (3), S. 191 (in Tschechisch).

Quelle :  Panos Terz, Die Völkerrechtstheorie, Versuch einer Grundlegung in den Hauptzügen, Pro theoria generalis Scientiae Iuris inter Gentes, in : Papel Politico, 2006/11/2, S.683-737. hrsg, von der Facultad de Ciencias Politicas y Relaciones Internacionales , Pontificia Universidad Javeriana.

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