-A.P. Κashdan, Byzanz und seine Kultur (Übers. Aus dem Russischen), Berlin 1973.
-B. Spuler, Die Goldene Horde, Die Mongolen in Rußland, 1223 bis 1502, Leipzig 1943.
-D. Groh, Rußland und das Selbstverständnis Europas, Ein Beitrag zur
europäischen Geistesgeschichte, Neuwied 1961.
-A. Jakowlew, Ein Jahrhundert der Gewalt in Sowjetrussland, Berlin 2006.
-A. Politkowskaja, In Putins Russland, Köln 2005.
-A. Soldatow, I. Borogan, The New Nobility, The Restoration of Russia’s Security State and the Enduring Legacy of the KGB, New York 2010.
-A. Dugin, Eurasische Mission, Geopolitischer Hintergrund zum Ukraine-Konflikt – Eine Einführung in den Neo-Eurasianismus, Bad Schmiedeberg 2022.
-Ch. J. Halperin, Russia and the Golden Horde, The Mongol Impact on Medieval Russian History, Bloomington 1985.
-G. Atai, die Wahrheit ist der Feind: Warum Russland so anders ist,2019 Hamburg.
Jedes Phänomen besitzt ein puctum quaestionis (Kern der Frage). Es kommt darauf an, es zu entdecken. Hierzu werden benötigt allseitige Kenntnisse und das richtige methodologische Herangehen an das jeweilige Phänomen. Dann versteht man besser, warum Putin bei den Russen beliebt ist.
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und etwas kinderlehre:
“Russlands eigene Wahrnehmung seiner Grenzen ist fließend. Wie bei einem Kleinkind, das noch lernen muss, wo sein Eigentum aufhört und das der anderen anfängt, das noch nicht weiß, wo sein eigener Körper endet, sodass es nach allem greift, was in seiner Reichweite ist – Spielzeug, Essen, Brüsten – und schreit: “Meins! Mir!”"
https://www.zeit.de/kultur/2…Swetlana Alexijewitsch?
“Der russische Kulturhistoriker Alexander Etkind beschrieb Russland einmal als einen Ort “deformierter Trauer”, als ein Land, das es nie geschafft habe, die Massenmorde der Stalin-Ära zu verarbeiten und das insofern ein “Land der Unbegrabenen” ist, in dem die Vergangenheit die Zukunft erstickt.”Zeit (8.3.22)
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Beziehungen Deutschland-Russland
Auf die Prämisse und die Methodologie kommt es an
1. Deutschland ist ein demokratischer Staat und Russland ist ein autoritär regierter Staat, dessen Bevölkerung über keine demokratische Tradition und infolgedessen über kein freiheitlich-demokratisches Bewusstsein verfügt. Es hat also keinen Sinn, Russland an den westlichen Kriterien zu messen. Genauso wenig sinnvoll ist es, sich immer wieder in die inneren Angelegenheiten Russlands einzumischen. Infolgedessen können zwischen Deutschland und Russland nur Beziehungen der friedlichen Koexistenz von Staaten unterschiedlicher Wertvorstellungen, Gesellschafts- und politischer Systeme herrschen.
2. Russland betrachtet sich auf militärisch-strategischem gebiet weiterhin als eine Supermacht und daher auch als einen wichtigen Player in den internationalen Beziehungen. Deshalb können die Kontakte zwischen den beiden Staaten niemals auf Augenhöhe erfolgen. Hierbei handelt es sich um eine realistische und pragmatische Sicht. Russland wird ohnehin wegen der zunehmenden Erosion der Supermacht USA in den internationalen Beziehungen an Bedeutung gewinnen. Zeit (20.8.21), Neue Zürcher Zeitung, Stern (20.8.21), Wiener Zeitung, Süddeutsche Zeitung (21.8.21)
-Παναγιώτης Δημητρίου Τερζόπουλος (Panos Terz), Eγκυκλοπαιδική και Γενική Μόρφωση, Δεύτερος Τόμος, Θρησκεία, Ιστορία, Εθνολογία, Πολιτισμός, Γλωσσολογία, ISBN: 978-620-0-61339-4, 2020.
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Russisch-Ukrainischer Kirchenstreit
1. Russland und die Ukraine gehören zu den europäischen Staaten sui generis, weil sie genauso wie andere Staaten Osteuropas und des gesamten Balkan mit orthodoxer Tradition weder die Renaissance, noch die Aufklärung, noch die bürgerliche Revolution, noch den bürgerlichen Staat, noch eine funktionierende Demokratie hatten. So betrachtet, sind sie in erster Linie in geographischer Hinsicht Teil Europas. Kurzum, sie sind in politischer Hinsicht zurückgebliebene Staaten, deren Zukunft sehr ungewiss ist.
2. Für diesen Zustand gibt es mehrere Gründe, aber der wichtigste ist in der extrem negativen Haltung der orthodoxen Kirche zu den welthistorischen Europäischen Aufklärung zu suchen. Das Welt-, Gesellschafts- und Menschenbild der Orthodoxie ist theozentristisch und nicht anthropozentristisch orientiert, wodurch die Herausbildung des selbstbewussten Individuums und des staatstragenden Bürgers massiv verhindert worden ist.
3. Dennoch ist die identitätsstiftende und identitätssichernde Rolle der Orthodoxie bei der Ethnogenese in Ost- und in Südosteuropa nicht zu unterschätzen. Sowohl allgemein , als auch konkret vermittels der Autokephalie der jeweiligen Nationalkirche konnte eine eigene nationale Identität geschaffen werden. Genau so war es bei den Balkan-Völkern. im 19. und im 20 Jh. So ist es normal, dass die ukrainische Kirche sich von der russischen Kirche trennt und mit der Hilfe des Ökumenischen Patriarchats der Orthodoxie Autokephalie im Sinne einer Nationalkirche erlangt. Hierdurch wird die eigene nationale Identität wesentlich gestärkt. ES sei en passant darauf verwiesen, dass die Russische Kirche bereits im 16. Jh. mit Zustimmung des Ökumenischen Patriarchats von Konstantinopel die Autokephalie erlangt hat.
4. Aber dadurch werden vitale Wirtschaftsinteressen der russischen orthodoxen Kirche als auch allgemein des Imperium Russicum direkt berührt. Beide Kirchen befinden sich nunmehr in einem unchristlichen feindlichen Zustand genauso wie im allgemeinen Russland und die Ukraine.
5. Zugleich kann die russische Kirche ihre jahrhundertealten Träume über die Erlangung der Führung der gesamten Orthodoxie und die Verwandlung Moskaus zu ihrem Zentrum endgültig begraben. Wer sich mit dem Ökumenischen Patriarchat streitet, zieht letzten Endes den Kürzeren.
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Antwort an einen Putin-Fan
Er:“Trotzdem ist heute Russland der führende Exporteur an Weizen, Weltraumtechnologie und Atomenergetik, Waffenindustrie. Es ist auch führend in Schiffbau, Medizintechnik, Turbinenbau, Mikrobiologie… usw“
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Ich:Bei allen Völkern mit orthodoxer Tradition fehlt also die SELBSTERKENNTNIS. Die Kritik ist ohnehin nicht bekannt.
Wissen Sie dass Russland, UDSSR und wieder Russland zusammen genommen, nur ca. 26 Nobelpreise erhalten haben, während die USA über 370, Großbritannien ca. 175 und Deutschland 85 Nobelpreisträger haben? Woran liegt es eigentlich?
Gerade vor Paar Minuten habe ich aus einem anderen Grund was über Potjomkin gelesen ( (“Potjomkinsche Dörfer”). Das bezieht sich auf Ihre Aufzählung von erträumten internationalen Spitzenpositionen Russlands. Zeit (22.12.21)
-Sie sind also nicht für einen demokratischen, sondern für einen autoritären Staat. Offenkundig verwechseln Sie die Individualität mit dem Individualismus-Egoismus, was ich ablehne. Noch einige OBJEKTIVE Wahrheiten: Warum erreicht die russische Industrie nur 30% (in der Zeit der UdSSR nur 25%) der Industrie der USA? Warum ist Russland auf dem Gebiet der Wirtschaft lediglich mit Spanien zu vergleichen? Warum exportiert Russland nur Rohstoffe (typisch für Entwicklungsländer) und Waffen? Warum hat Russland auf dem Gebiet der friedlichen Hochtechnologien kaum etwas Entscheidendes aufzuweisen? Warum gehen die Flüchtlinge nicht nach Russland?
Wissen Sie, dass es zwischen dem freien Individuum und seiner Kreativität ein enger Zusammenhang besteht? Offenkundig haben Sie sich nie mit der Antike (Anthropos, Atomon, Polites), der Renaissance, der weltgeschichtlichen Aufklärung, der bürgerlichen Revolution, dem Parlamentarismus, mit der Bürgerlichen Revolution in Frankreich, der Errichtung des BÜRGERLICHEN Staates, den Menschenrechten und den bürgerlichen Freiheiten. Man hat doch recht: Der Weg der Länder mit orthodoxer Tradition zu der Moderne ist immer noch sehr weit.
-Natürlich gibt es in den Städten eine dünne Schicht, die Neigung zum Demokratie Denkmuster haben. Aus der Gegnerschaft Nawalnys zu Putin kann nicht die Schlussfolgerung abgeleitet werden, er sei ein freiheitlich-demokratisch denkender Mensch. Nawalny ist eigentlich ein russischer NATIONALIST.
In einigen ehemaligen Sowjetrepubliken sowie auf dem Balkan sind Politiker an die Macht gekommen, die am Anfang so taten, als seien sie Demokraten, allerdings kaum war sie an der Macht, haben sie ein anderes Gesicht gezeigt. Deswegen empfiehlt es sich, gegenüber solchen Kräften mehr Vorsicht walten zu lassen. Zeit (19.-22.12.21)
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Der folgende Beitrag stammt nicht von mir:
(Die Schrecken der Mongolenherrschaft
Die russische politische Kultur ist in vielerlei Hinsicht nicht europäisch, sondern asiatisch geprägt – von der Invasion der mongolischen Goldenen Horde. Die Mongolen fielen 1237/38 und 1239/41 in zu jener Zeit schwache russische Teilfürstentümer ein. Sie verwüsteten Dörfer und Städte, setzten Kiew in Schutt und Asche und metzelten alles nieder, was sich ihnen in den Weg stellte. Die russischen Chroniken schildern ausführlich ihre brutale Barbarei.
Viele Merkmale der Mongolenherrschaft sind für die russische politische Kultur bis heute prägend geblieben. Die Mongolen waren nicht an dem Land, sondern an Geld und Männern für den Kriegsdienst interessiert. Der Mongolen-Khan war der erste unumstrittene Herrscher über eine bis dahin in Teilfürstentümer zersplitterte Kiewer Russ. Die Fürsten waren dem Khan gegenüber tributpflichtig. Das zwang die Teilfürsten dazu, die eigene Bevölkerung rücksichtslos auszupressen, denn wessen Abgaben zu gering waren, der wurde aus dem Weg geräumt. Mit hohen Tributleistungen dagegen ließ sich das Wohlgefallen des Khans gewinnen.
Am Geschicktesten in dieser Satrapenschaft agierte die Familie der Newskis aus dem damals noch bedeutungslosen Teilfürstentum Moskau. Es gelang ihr, sich zum alleinigen Tributeintreiber im Namen der Goldenen Horde hochzudienen, die anderen Teilfürstentümer in den Schatten zu stellen und damit auch langfristig Macht über alle anderen zu gewinnen.
Das Machtverständnis der russischen Teilfürsten fokussierte sich in hohem Maß auf die Wirtschaft. Für sie war ihr Reich ihre Wotschina, ihr privates Eigentum. Sie konnten Volk und Boden nach Belieben ausbeuten, missbrauchen oder vernichten. War die Bindung des Fürsten an die Bevölkerung ohnehin schon lose, so wurde dessen Isolation durch das rücksichtslose Tributsystem während der mongolischen Fremdherrschaft noch verschärft.
Sinn für politische Verantwortung entwickelte sich unter diesen Umständen kaum, da Macht nur zur Anhäufung von Privatbesitz diente. Begehrten die Menschen auf, musste man ihnen nur mit den Mongolen drohen. So verschaffte man sich bedingungslosen Gehorsam. Unter der 250-jährigen Mongolenherrschaft brutalisierte sich in Russland das Leben. Die Todesstrafe, die in der Kiewer Russ noch unbekannt war, wurde von den Mongolen eingeführt.
Das Selbstverständnis der Teilfürsten, politische Herrschaft vornehmlich als private Ausbeutung öffentlichen Eigentums zu begreifen, unterscheidet sich fundamental von dem Herrschaftsverständnis des westeuropäischen Mittelalters, das bis in die Gegenwart reicht. Dort besteht zwischen persönlichem Eigentum und Herrschaftsgewalt, zwischen «dominium» und «imperium», ein strikter Unterschied.
Unter der Mongolenherrschaft ist die in Russland herrschende Tradition des allmächtigen Staats entstanden: Der Staat steht für Gewalt und Willkür, er rafft alles an sich, was er bekommen kann, und man unterwirft sich ihm, weil man eine Rebellion nicht überlebt. Die Parallelen zu Putins Kleptokratie sind offenkundig; die Verbreitung von Angst gehört seit Jahrhunderten zum System russischer Herrschaft.
Marx’ Konzept der «asiatischen Despotie»
In seinen Schriften hat Karl Marx für diese besondere russische Wirtschafts- und Herrschaftsdespotie den Begriff der «asiatischen Produktionsweise» geprägt. Damit verband er die politische zentralistische Ordnung einer «asiatischen Despotie», die in Russland das gesamte Wirtschaftsleben beherrschte.
Demnach betrachtete schon Herodot die sich in Pracht und Protz ergehende Herrschaftskultur der persischen Gottkönige als eine den Griechen wesensfremde politische Ordnung. Die Rede von der «asiatischen Despotie» als etwas der europäischen politischen Kultur zutiefst Fremdem findet sich später auch regelmäßig in der Geschichte der Staatsphilosophien von Machiavelli bis Hegel. Aristoteles meinte, dass Asiaten eine despotische Herrschaft besser ertrügen als Europäer.
Marx führt die «asiatische Despotie» in Russland auf die Mongolenherrschaft zurück: «Der blutige Schlamm mongolischer Sklaverei und nicht die rüde Herrlichkeit der Normannenzeit war Moskaus Wiege, und das moderne Russland ist nur eine Metamorphose dieses mongolischen Moskaus», heißt es in seinen «Enthüllungen zur Geschichte der Diplomatie im 18. Jahrhundert» von 1856/57.
Für den vor den Nazis in die USA geflohenen deutschen Kommunisten und Sozialwissenschafter Karl August Wittvogel (1896–1988) war Russland desgleichen eine «asiatische Despotie». Auch für ihn zeichnete sie sich dadurch aus, dass der größte Teil von Grund und Boden dem Staat gehörte, dass die herrschende Klasse ihre Vermögen nicht in Produktionsmittel steckte, sondern sich durch den Staatsapparat alimentierte. Andere Machtzentren als Herrscherhaus und Verwaltung gab es nicht – keinen selbstbewussten Adel, keine autonomen Städte und keine unabhängige Kirche, wie sie in Europa ein Gegengewicht zur Macht der Kaiser und Könige schufen.
Die «asiatische Despotie» Russlands blieb von der Geschichte des erwachenden bürgerlichen Selbstbewusstseins unberührt. Es gab weder eine Renaissance noch eine Reformation, und die Kultur der Vernunft der europäischen Aufklärung fand nur in marginalen Teilen großstädtischer Eliten Verbreitung. Ohne die Entwicklung eines individuellen Selbstbewusstseins und ohne freiheitliches bürgerliches Selbstverständnis hat es Russland nie geschafft, eine starke Zivilgesellschaft hervorzubringen.
Die sowjetische Geschichtsschreibung hat das asiatische russische Erbe geleugnet, es war ihr peinlich. Zu sehr widersprach es den sowjetkommunistischen universalistischen Idealen der Befreiung der Arbeiter und Bauern in der proletarischen Weltrevolution. Stalin selber hat sich hingegen stolz als «asiatischer Georgier» bezeichnet. Der kremlnahe russische Politologe Sergei Karaganow schreibt: «Russland ist ein Land mit einer europäischen Kultur, aber sozial und politisch Erbe des Reiches von Dschingis Khan.»
Die Eurasier-Bewegung, eine politische Gruppe intellektueller Sonderlinge in der UdSSR der zwanziger Jahre, pries sogar das Erbe der Mongolenherrschaft, das nach dem Philosophen Fürst Trubezkoi die UdSSR im Sinne der «eurasischen Mission» zur Vormacht über den ganzen eurasischen Kontinent prädestinierte. Diese eurasische Vision propagiert heute der rechtsextreme Philosoph Alexander Dugin, der im Ruf steht, Putins Einflüsterer zu sein. Er liefert diesem in Versatzstücken eine kulturhistorische Legitimation für die gewaltsame Neuordnung des eurasischen Raums auf dem Territorium des einstigen russischen Imperiums, wie sie in der Ukraine derzeit vonstattengeht.
Geschichtswissenschaftliche Versäumnisse
Mancher westliche Osteuropahistoriker hat dieses mongolische Erbe einer «asiatischen Despotie» Russlands gerne kleingeredet, um die zarten Pflänzchen demokratischer Ansätze in der russischen Geschichte umso kräftiger auszuleuchten. Es waren dies die temporäre politische Verantwortlichkeit des von den Mongolen verschonten Teilfürsten von Nowgorod gegenüber den Bojaren im 13. Jahrhundert, die Revolution des Jahres 1905, Stolypins Reformen von 1906 bis 1911 und Gorbatschows Perestroika. Diese liberalen Phasen indes kommen in der russischen Gesamtgeschichte historischen Sekunden gleich. Sie konnten auf Dauer keinen Erfolg haben.
Mit dieser Ausblendung und Schwerpunktsetzung ließ sich die im öffentlichen geschichtspolitischen Diskurs weitverbreitete Sehnsucht am ehesten befriedigen, Russland werde in irgendeiner demokratischen Form dereinst Teil eines gemeinsamen europäischen Hauses werden. Sosehr diese Utopie noch heute von vielen mutigen russischen Intellektuellen und Kulturschaffenden im Exil geteilt werden mag, so sehr stellen sie zahlenmäßig eine marginale Kraft dar.
Der überwältigenden Mehrheit der russischen Bevölkerung ist die politische Kultur des Westens fremd – aufgrund der historischen Vorprägung, aber auch wegen der permanenten propagandistischen Indoktrination durch die vom Kreml kontrollierten Medien. Das macht Putin innenpolitisch dermaßen unanfechtbar. Seine brutale Diktatur baut auf dem asiatischen Gewalterbe russischer Herrschaft auf. Es wird ihn daher mit ziemlicher Sicherheit auch überleben.
Dass es im europäischen Haus wirklich einen Platz für Russland gibt, steht zu bezweifeln. Für die kommenden Jahre jedenfalls gilt, dieses Haus vor den aggressiven Grossmachtphantasien der Machthaber in Moskau zu schützen. Eine europäische Friedensordnung ist derzeit nur gegen Russland möglich. Der Westen kann das Land, das sich mit dem Überfall auf die Ukraine zum Paria gemacht hat, nicht komplett isolieren. Entschlossene ideologische Eindämmung und wirksame militärische Abschreckung aber haben sich im Kalten Krieg am Ende als durchaus erfolgreiche Friedenspolitik erwiesen.
Jörg Himmelreich ist Politikwissenschafter und lehrt an der École Supérieure de Commerce de Paris (ESCP) in Paris und Berlin., in: Neue Zürcher Zeitung (30.8.22)
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