Patriotismus, Nationalismus

Patriotismus, Nationalismus
Die Welt befindet sich in einer Übergangzeit: Einerseits wächst durch die allmächtige Globalisierung als ein objektives Phänomen die gegenseitige Abhängigkeit und Verflechtung der Staaten und Nationen, andererseits jedoch sind sich verstärkende Tendenzen des Nationalismus (Russland, China, Indien, USA, Türkei, Ungarn etc.) nicht zu übersehen. Speziell in Deutschland tut man sich wegen der unsäglichen Vergangenheit immer noch mit den mit Begriffen Patriotismus und Nationalstolz fast masochistisch schwer. Mit der Begründung, dass durch Europäische Union etwas Einheitliches in Europa entsteht, neigen vor allem linke, sozialdemokratische, und grüne Politiker dazu, diese Begriffe als überflüssig, sogar zuweilen als lästig zu betrachten bzw. schroff abzulehnen. Möglicherweise ist dieser seltsame Zustand dadurch eingetreten, dass die Deutschen nach dem katastrophalen Zweiten Weltkrieg und den in Verbindung mit ihm stehenden Verbrechen gegen andere Völker nach der üblichen deutschen Art das Kind mit dem Bade ausgeschüttet haben. Hierdurch überlassen sie jedoch diese existenziellen Begriffe der AfD und faschistoiden Kräften, die sie natürlich missbrauchen. Ferner wird die Realität übersehen, dass etliche EU-Mitglieder, wie z.B. Frankreich, Italien, Spanien, Polen, Griechenland etc. den Patriotismus und den nationalen Stolz als konstitutive Elemente ihrer nationalen Existenz betrachten und pflegen. Internationale betrachtet, kann außerdem eine Explosion des Patriotismus und sogar des Nationalismus konstatiert werden. Dies gilt insbesondere für China, Indien, die Türkei und missbräuchlich auch für das heutige Russland. Mitunter werden die Begriffe Patriotismus und Nationalismus verwechselt und somit ein terminologisches Chaos entsteht. Insofern erweist sich eine genauere Beschäftigung mit diesen termini scientifici als notwendig und sinnvoll.
1. Patriotismus
Sein sprachlicher Ursprung ist das griechische Wort Patir (Πατήρ, Genetiv πατρός: Patros) und nicht das lateinische Wort Pater (Patris). Im Mittelalter tauchte das Wort Patriot (jemand aus der gleichen Εthnie, Landsmann) als Ausgangspunkt für das lateinische Wort Patriota und später für das französische Wort Patriote . Allmählich wurden die Wörter Patrioticus und Patriotique sozusagen als die Voraussetzung für den international übernommenen Begriff Patriotisme, der genau in der Encyclopedie de Diderot et d’ Alembert geprägt worden ist. Es fällt auf, dass diese Entwicklungen in Frankreich stattgefunden haben. Es verwundert daher nicht, dass der Patriotismus ein Produkt der Französischen Revolution von 1789 war. Es liegt ein consenscus generalis professorum et doctorum darüber vor, dass der Patriotismus “als politische Tugend eines sozialpolitischen Verhalten ist, indem nicht vorrangig die eigenen, die individuellen Interessen handlungsleitend sind, sondern das Wohl aller Mitglieder einer politischen Gemeinschaft” (Nation, Staat, D.Nohlen und F. Grotz). Der Patriotismus weist neben dieser rationalen auch eine emotionale Dimension auf, die in den anderen Ländern Europas als “Vaterlandsliebe” bekannt ist, d.h. der Bürger ist auf die Gesamtheit des politischen Gemeinwesens fokusiert und bringt sich real für die Belange des Gemeinwesens bzw. für das Vaterland ein. M.E. ist daher die Verteidigung des Vaterlandes in einer Gefahrensituation eine Selbstverständlichkeit. Ich bin mir dessen bewusst, dass diese Selbstverständlichkeiten den meisten Deutschen abhanden gekommen sind, weil sie sich jahrzehntelang darauf verlassen haben, dass die USA den Schutz Deutschlands übernommen haben. Hinzu kommt noch das ungebremste Konsumdenken. Kurzum, es ist eine gefährliche Situation der Verweichlichung eingetreten. Die Politiker wiederum erfinden solche Merkwürdigkeiten wie “Verfassungspatriotismus”. Dieser Begriff bezeichnet die politische Positionierung einer Person, die mit der emotionalen Bindung an die Werte, die Geschichte, die Tradition, die Kultur usw. ihres Heimatortes verwoben ist; seine Hauptbedeutung ist die Liebe zum Heimatland. Aber manchmal ist Patriotismus auch mit einem starken Gefühl von Stolz und Arroganz verbunden. Der Patriotismus ist ein Produkt und sein Träger ist der Bürger (citoyen). Eines der charakteristischen Merkmale des modernen Bürgers ist das dialektische Wechselverhältnis von Rechten und Pflichten, was in den Balkan-Ländern ein Buch mit sieben Siegeln ist.
2. Nationalismus
Über den Begriff Nationalismus existieren zwei gibt zwei verschiedene Interpretationen: Die französische Interpretation ist eher neutral: Er bedeutet Patriotismus, Liebe zur Nation und Stolz auf sie. Die meisten europäischen Völker haben diese Interpretation akzeptiert. Nach der deutschen Interpretation insbesondere nach dem Zweiten Weltkrieg hat der Nationalismus jedoch eine negative Bedeutung erlangt: ein übertriebenes und intolerantes Nationalbewusstsein, das die Stärke und Größe der Nation als höchsten Wert ansieht. Die Völker Nord- und Osteuropas haben inzwischen diese negative Interpretation akzeptiert. In der modernen Weltgeschichte wurde der Begriff des Nationalismus in einer sehr positiven Weise verwendet, vornehmlich von den nationalen Befreiungsbewegungen, zunächst in den arabischen Ländern und dann in allen Ländern, die sich gegen den Kolonialismus erhoben haben. Es war z.B. expressis verbis die Rede vom “arabischen Nationalismus” als Synonym mit dem Patriotismus die Rede. Schlussfolgerung: Nur die Deutschen haben eher psychologische Probleme mit dem Patriotismus. Hierbei handelt es sich um einen anomalen Zustand.
Die Politologie unterscheidet zwischen dem inklusiven und dem exklusiven Nationalismus. Der inklusive Nationalismus stellt eine moderate Form des Nationalbewusstseins oder des Patriotismus dar. Er umfasst alle politischen Gruppen der Gesellschaft und besitzt damit eine hohe integrative und legitimierende Funktion. Der exklusive Nationalismus stützt sich auf ein übersteigertes Wertgefühl, das in Vergleich zu anderen Nationen die eigenen Eigenschaften überhöht oder sogar als die besseren ansieht. Dies kann sogar zur Ausgrenzung anderer Ethnien und nicht selten auch zu Vertreibungen führen.
Literatur
-D. Nohlen und F. Grotz (Hrsg), Kleines Lexikon der Politik, München 2015, S.461.
-O. Dann, Nation und Nationalismus in Deutschland 1770-1990, München 1996.
-D. Sternberger, Verfassungspatriotismus, Frankfurt 1990.
-E. Gellner, Nationalismus und Moderne, Hamburg 1995.
D. Oberdörfer, Der Wahn des Nationalen, Freiburg 1993.
U.Hirchhausen, /J. Leonhard (Hrsg.) Nationalismen in Europa, Göttingen 2001. E. Gellner, Nationalismus und Moderne, Hamburg 1995.
Veröffentlicht von 2012 bis 2018 in den griechischen Zeitungen To Bima (Το Βήμα), Kathimerini (Καθημερινή) und Ta Nea (Τα Νέα) in Auseinandersetzung mit den griechischen Ultrapatrioten und Ultranationalisten.
aus meinem Buch Παναγιώτης Δημητρίου Τερζόπουλος (Panos Terz), Εγκυκλοπαιδική και Κοινωνική Μόρφωση, Εκλαϊκευμένα: Φιλοσοφία, Διεθνές Δίκαιο, Διεθνείς Σχέσεις, Πολιτολογία, Πρώτος Τόμος (Enzyklopädische und Allgemeinbildung, populärwissenschaftlich: Philosophie, Völkerrecht, Internationale Beziehungen, Politik, Erster Band), ISBN: 978-620-0-61337-0, Saarbrücken 2020, 289 Seiten, S. 228.

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