Unkenntnis der Afghanischen Mentalität als das Kernproblem

Unkenntnis der Afghanischen Mentalität als das Kernproblem (Politiker, Geheimdienste)

Jedes Phänomen ist  zwar komplex und polysynthetisch, aber besitzt einen punctum qaestionis (Kern der Sache). Es kommt daher darauf an, in diesen Kern vorzudringen. Hierzu werden exakte Kenntnisse und die entsprechende Methodologie gefordert.

Der Kern des Problems im Falle Afghanistans ist die MENTALITÄT der Afghanen, geformt durch die Jahrtausende durch mehrere Faktoren: klimatische Bedingungen, Bodenmorphologie, Lebensbedingungen, extrem ausgeprägtes Patriarchat bereits in der vorislamischen Zeit, in der Geschichte immer wieder Verteidigungskämpfe  gegen ausländische Invasoren (u. a.  Alexander der Große, viel später Engländer und Sowjets), kein echter Einheitsstaat, sondern Stämme und infolgedessen kein Staatsbewusstsein, sondern als Folge Stammesbewusstsein, so dass niemals die Regierung die Kontrolle über das ganze Land ausüben konnte, archaische Wertvorstellungen, keine Herausbildung des Individuums und des citoyen (Bürger), keine Gewaltenteilung, eine besonders strenge Interpretation und Anwendung des Islam etc.

All diese Faktoren stellen ontologisch (tatsächliches) sowie gnoseologisch (teheoretisches) ein System dar, wobei zwischen ihnen mannigfaltige Wechselbeziehungen entstehen. Hierdurch entsteht ein einheitliches Phänomen, welches  eine neue Qualität besitzt und eine unvorstellbare Dynamik aufweist. Das ist die besondere und äußerst komplizierte AFGHANISCHE MENTALITÄT.

Es ist anzunehmen, dass die allseitig vorhandene und breit wirkende  abendländische Arroganz  zu einer unvorstellbaren Ignoranz und Ahnungslosigkeit geführt hat, was nicht nur bei den Politikern, sondern auch bei den Geheimdiensten zu großen und teilweise tragischen Fehleinschätzungen gewaltigen Ausmaßes geführt hat. Davon  können Frankreich (Vietnam), die USA (Vietnam, Libyen, 11.September  2001, Irak, Afghanistan)  ein Lied singen.

Es drängt sich die Frage auf, wer und wie sie berät. Zeit, Neue Zürcher Zeitung, Stern (20.8.21), NZZ (20.2.24)

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Es gibt keine afghanische Nation

Der Islam existiert schon seit 1300 Jahren und es gab immer extremistische Strömungen. Gegenwärtig die schlimmste von ihnen  der “Islamische Staat” mit panislamischem Anspruch. Teilweise tritt dieAl Qaid auf. Von beiden unterscheidet sich die Taliban – Bewegung, die sich a) auf Afghanistan beschränkt und b) vorwiegend aus Angehörigen der Ethnie der Paschtunen  besteht. Nicht vergessen, dass unmittelbar nachdem die Sowjets Afghanistan haben verlassen müssen, es  sofort zu einem fürchterlichen  Bürgerkrieg zwischen dem radikalen Paschtunen Hekmatyār und dem gemäßigten  Tadschiken Massoud kam. Bürgerkriege sind übrigens im polyethnischen Afghanistan eine ziemlich oft auftretende Sache.

Daher wird die  Herrschaft der jetzigen Taliban nicht unbedingt das letzte Kapitel dieser traurigen Geschichte  sein.

Ungelöstes Grundproblem: Es gibt keine afghanische Nation und infolgedessen auch kein Nationalbewußtsein. Zeit (21.8.21)

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Das Schicksal Afghanistans
befindet sich im Spannungsverhältnis von Ideologie(Islamismus) und Unterentwicklung (Wirtschaftschaos, Ernährungsprobleme). Es hat sich in der Welt gezeigt, dass die materielle Komponente Priorität besitzt. Es handelt sich um die “Mühen der Ebene”, an denen auch der “Realexistierende Sozialismus” gescheitert ist. Innere Spannungen, sogar ein Bürgerkrieg sind also vorprogrammiert.
Zeit, NZZ, FAZ, SDZ (2.9.21)