Die Heilige Dreifaltigkeit in der Mythologie
Ich möchte darauf hinweisen, dass die Mythologie mir sehr geholfen hat, die Religionen, einschließlich das Christentum, besser zu verstehen, denn normalerweise die Mythologien gehen den Religionen voraus, die in jedem Fall viele Elemente der betreffenden Mythologie übernommen und in ihren eigenen Glauben integriert haben. (siehe allgemein das berühmte und sehr aufschlussreiche Werk des französisch-rumänischen Experten für vergleichende Religionswissenschaften Misrea Eliade , Histoire des croyances et idees religieuses, 4 Bände, Paris 1976, 1992, in deutscher Übersetzung: Geschichte der religiösen Ideen, 4 Bände, Breisgau 1972, Budapest 2002. Ich empfehle Gläubigen, Atheisten, Polytheisten und Pantheisten, dieses herausragende wissenschaftliche Werk zu studieren). Was die christliche Dreifaltigkeit anbelangt, so habe ich nicht die Absicht, Eulen nach Athen zu tragen. Ich werde jedoch versuchen, kurz die mythologischen Wurzeln der in der Tat komplexen christlichen Trinitätslehre zu beschreiben, die, soweit ich mich aus dem Religionsunterricht in der Schule erinnere, niemand verstanden hat.
Drei Aspekte des Problems waren für uns völlig unverständlich. a) Ist das nicht eine schwere Beleidigung der menschlichen Intelligenz? b) Wo ist die Mutter geblieben?
In allen patriarchalischen Gesellschaften lieben die Kinder die Mutter und fürchten den Vater. c) Was bedeutet dieser “Heilige Geist”? Die Antwort des Theologielehrers war immer die folgende: Dies ist ein heiliges Dogma und daher eine Frage des Glaubens. Aber damals hatte ich noch keine Ahnung von der Metaphysik und Mystik des Christentums und der internationalen Mythologie.
Der Arianismus (benannt nach dem Theologen Arius von Alexandria, 4. Jh. n. Chr.) war neben dem Nestorianismus und dem Monophysitismus eine der wichtigsten religiösen Sekten. Der Hauptkern seiner Lehre war die Auffassung, dass Jesus Christus keine Substanz, sondern nur eine Schöpfung des einen und einzigen Gottes ist. Nach heftigen Auseinandersetzungen mit dem Areius erarbeitete und formulierte er auf zwei ökumenischen Konzilien (325 und 381) die Lehre, dass Gott eine dreifaltige Einheit ist, eine Heilige Dreifaltigkeit, die aus dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist besteht, der jedoch nur vom Vater kommt. Mit anderen Worten, es handelt sich im Wesentlichen um theologische Konstruktionen von Männern (Priestern und Theologen). Allmählich hat sich eine Differenz zur römisch-katholischen Ekklesia herausgebildet, die nach wie vor die Auffassung (auch eine Lehre) vertritt, dass im Rahmen der Trinitas (allgemein: Trinitatis) auch der Heilige Geist vom Sohn ausgeht (filioque). Über dieses theologische Problem haben große Kontroversen zwischen den beiden christlichen Kirchen stattgefunden. Das interessante Problem ist, dass jede christliche Kirche davon überzeugt ist, dass sie absolut die richtige Lehre vertritt.
Im Westen wurde die häretische Ansicht des Tritheismus 1090 von Roscelin de Compiegne formuliert, aber vom Vatikan abgelehnt (vgl. B. Sartorius, Die Orthodoxe Kirche, Übersetzung αus dem Französischen, Stuttgart 1981, S. 61-63 und H. Biedermann, Knaurs Lexikon der Symbole, München 2005, S. 100). Im Übrigen zitiere ich den Koran (Sure 4, 169: Wahrlich, der Messias Jesus, der Sohn der Maria, ist der Gesandte Gottes. “Darum glaubt an Gott und an seinen Gesandten, aber sagt nicht: Dreifaltigkeit”) und Sure 5, 116, S. 124: “Es ist nicht wahr, dass es neben Gott noch zwei Götter gibt, Jesus und Maria” (siehe Der Koran, ISBN 3-86047-455-3, Verlag Julius Kitts Nachfolger, Leipzig-M.Ostrau). Hier hat der Prophet Mohammed etwas verwechselt. Verglichen mit der komplexen Heiligen Dreifaltigkeit ist seine Lehre einfach und verständlich. Viele Historiker sind davon überzeugt, dass diese Einfachheit einer der entscheidenden Gründe für die relativ schnelle Akzeptanz des Islam durch die Völker des Nahen Ostens ist. Das einfache Volk interessiert sich nicht sonderlich für komplexe und obskure theologische Konstrukte. Warum hat die Zahl drei eine besondere, fast magische Bedeutung?
Die Zahl Drei mit ihren vielen Erscheinungsformen ist in fast allen Kulturen und allen großen Religionen bekannt. Die Archäologen sind sich einig über den Ursprung des Mythos der Zahl Drei, der in die Mythologie, sogar in die bildende Kunst, die Religion, die Politik, die Staatstheorie usw. eingedrungen ist. Es ist erwiesen, dass die Menschen bereits in der Mittelsteinzeit (8000 bis etwa 5500 v. Chr.) aufgrund der Lebensbedingungen von Jägern, Sammlern und Fischern sowie des Schicksals nach dem Tod erkannt haben, dass drei Phänomene eine entscheidende Rolle spielen: der Mond, die Erde und der Hades. Weil die Jagd aber nachts im Licht des Mondes besonders erfolgreich war, wurde der Mond zur höchsten Gottheit erklärt, aber sie schätzten auch die (Mutter) Erde und dachten an die Zukunft nach dem Tod, was bedeutet, dass das Metaphysische und Mystische eng mit der menschlichen Existenz verbunden war.
So ist die erste Dreifaltigkeit in der Kulturgeschichte der Menschheit ausnahmslos in allen menschlichen Gruppen entstanden: Mond, Erde, Hades. In einigen Fällen besteht die Dreifaltigkeit aus dem Mond, der Sonne und der Erde oder dem Hades. Spezialisierte Archäologen führen zahlreiche Beispiele an, wie drei Steine um den Kopf des Verstorbenen (vor 25.000 Jahren), eine Darstellung von drei Vögeln, drei mit Juwelen besetzte Tierzähne, drei Linien usw. (vgl. A. Bancroft, Mythen, Kultstätten und die Ursprünge des Heiligen, Übersetzung aus dem Englischen, Düsseldorf, 2004, S. 68/69, 99, 181ff.) oder Dreiecke, die mindestens 7000 v. Chr. auf Knochen eingraviert wurden, sogar Dreiecksformen als Darstellung des weiblichen Geschlechtsorgans oder der Dreizack als Symbol des männlichen Geschlechtsorgans (vgl. Η.Βiedermann, Knaurs Lexikon der Symbole, München 2004, S. 99).
In der Jungsteinzeit, in der Bronzezeit und vor allem in der Eisenzeit haben sich die drei Symbole in der Mythologie und in den ersten Religionen ausgebreitet, aber entscheidend war unmittelbar mit der Einführung der Landwirtschaftskunst im Nahen Osten die Erhebung der Sonne zu der höchsten Gottheit, weil sie durch ihre Strahlen zur Reifung des Getreides beigetragen hat. Das bedeutet, dass das Schicksal der rettenden landwirtschaftlichen Produktion vollständig von dem männlichen Gott Sonne abhing. Auf diese Weise wurde die neue dynamische Dreifaltigkeit von Sonne-Erde-Hades über Jahrtausende hinweg etabliert. Gleichzeitig wurde der weltgeschichtliche Aufstieg des Patriarchats schrittweise vorbereitet. Es sind zahlreiche Zahlensymbole erschienen.
Folgend seien nur die wichtigsten und bekanntesten. Es ist erstaunlich, dass sich der rastlose und hochkreative Geist der alten Griechen überhaupt mit dieser Zahl und verwandten Themen beschäftigt hat. Für den Mystiker Pythagoras zum Beispiel war das Dreieck ein Symbol für die Geburt des Universums. Erinnern wir uns daran, dass der bekannte Satz des Philosophen und Mathematikers ebenfalls auf dem Dreieck beruht. Dies war den Babyloniern schon tausend Jahre vor Pythagoras bekannt, der die Wissenschaft der Ägypter und Babylonier viele Jahre lang lernte. Pythagoräer im Allgemeinen über die Zahl 3: Anfang-Mitte-Ende. Xenokrates (was für ein beeindruckender Name!) schätzte das Dreieck als göttlich.
In der ägyptischen Religion gab es die (heilige) Dreifaltigkeit Isis, Osiris und Horus, d. h. Mutter, Vater und Sohn. In Sumerien gab es ebenfalls eine Trinität, allerdings mit einer anderen Priorität: Vater Anu, die göttliche Mutter Ninmah und der Sohn Tamuz. Auch die phönizischen Städte hatten ihre “Heilige Dreifaltigkeit”, nämlich in der Bibel El, Baalat und Adonis, und in Sidon Baal, Astarte und Esmun. In der antiken griechischen Religion war die Dreifaltigkeit von Zeus-Athene-Apollo bekannt. Die traditionelle göttliche Familie im Nahen Osten bestand aus zwei männlichen und einem weiblichen Element, während der dreieinige Gott des Christentums aus zwei männlichen und einem neutralen Element besteht, wobei das weibliche Element für immer aus der Familie verbannt wurde. Die “Heilige Dreifaltigkeit” des Christentums a) hat die Frau ausschloßen, und b) durch den neutralen, höchst imaginären “Heiligen Geist” ersetzt.
Sehr beeindruckend und fast schon philosophisch ist die indische Trimurti (Brahma, Shiva, Vishnu), denn sie ist wirklich ein dreidimensionaler Gott. Darauf haben einige Theologen bereits hingewiesen. Wahrhaft philosophisch ist die “Heilige Dreifaltigkeit” (Trikaya: Drei Körper als Symbol des Wissens: der Bodhi des Buddhismus: Dharmakaya (Wahre Existenz), Nirmanakaya (Historische Formation, Gautama Buddha), Smboghakaya (Segen der Gemeinschaft). Auf dieser Trinität basiert eine weitere, die Tirana: die Drei Juwelen: Gesetz-Buddha-Gemeinschaft. Eine andere indische Religion, der Yainismus, hat ihre eigene “Heilige Dreifaltigkeit”: rechter Glaube – rechtes Handeln – rechtes Wissen. Im Hinduismus symbolisiert sogar die dreiteilige Harpune den Gott Shiva (Schöpfung-Existenz-Zerstörung), (vgl. H. Biedermann, oben, S.102/103, U. Becker, Lexikon der Symbole, Köln 1992, S. 58/59, U. Müller-Kaspar, Die Welt der Symbole, Ein Lexikon, Wien 2005, S. 63-65).
In der Theorie des Staates (Aristoteles) werden zwei Triaden von entscheidender Bedeutung festgestellt, und zwar die drei Gewalten: Legislative, Exekutive und Judikative (mehr als zweitausend Jahre vor Locke und Montesqieu) und die drei Komponenten des Staates: Macht, Bevölkerung, Territorium (2.200 Jahre vor dem führenden Spezialisten der Staatstheorie Jellinek). In der Philosophie (Schelling) wird der Dreiklang von These – Antithese – Synthese verwendet. Die Triade des Ich: Sein – Substanz – Bedeutung. Neoplatonismus: Essenz – Dynamik – Energie. Augustinus: Sein-Wissen-Wollen sowie Wohltätigkeit – Wissen-Liebe. Die weltweit bekannteste Dreifaltigkeit ist jedoch die ideologische und politische Dreifaltigkeit der Französischen Revolution (1789): Liberte, Egalite, Fraternite (Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit).
Schlussfolgerungen
Die Dreifaltigkeit ist ein bekanntes antikes, heidnisches, mythologisches, religiöses, mystisches, philosophisches und politisches Symbol, aber die Heilige Dreifaltigkeit des Christentums ist ein geheiligtes religiöses Symbol mit einer eigenen Bedeutung, für die sich eigentlich nur Gläubige interessieren. Das Gleiche gilt für den Hinduismus. Die weltweit bekannteste Dreifaltigkeit ist jedoch die ideologische und politische Dreifaltigkeit der Französischen Revolution Liberte, Egalite, Fraternite.
Seit 2014 häufig in Kathimerini (Καθημερινή) veröffentlicht, zuletzt am 15.11.2016in Auseinandersetzung mit dem griechischen Philosophen und Theologen Christos Giannaras
Aus meinem Buch: Παναγιώτης Δημητρίου Τερζόπουλος (Panos Terz): Εγκυκλοπαιδική και Κοινωνική Μόρφωση, Εκλαϊκευμένα: Θρησκεία, Ιστορία, Εθνολογία, Πολιτισμός, Γλωσσολoγία, Δεύτερος Τόμος (Enzyklopädische und Allgemeinbildung: Religion, Geschichte, Ethnologie, Kultur, Linguistik, Zweiter Band) , ISBN: 978-620-0-61339-4, Saarbrücken 2020, 284 S. (σελ.), ISBN: 978-620-0-61339-4, Saarbrücken 2020, S.66 ff.