Völkermord (Genozid) aus Sicht des Völkerrechts (Ukraine, HOLODOMOR)
Konkrete Rechtsgrundlage des Völkermordes ist die „Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Verbrechens des Völkermordes“ vom 9. Dezember 1948 (in Kraft getreten am 12. Januar 1951). In diesem bedeutsamen Dokument, genauer im Art. II wird dieser terminus scientificus des Völkerrechts genau umschrieben: „In dieser Konvention bedeutet Völkermord eine der folgenden Handlungen, die in der Absicht begangen wird, eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe als solche ganz oder teilweise zu vernichten; a) Angehörige einer solchen Gruppe zu töten; b) Angehörige einer solchen Gruppe schweren körperlichen oder geistigen Schaden zuzufügen; c) vorsätzlich solche Lebensbedingungen für eine Gruppe zu schaffen, die darauf abzielen, ihre physische Vernichtung ganz oder teilweise herbeizuführen ; d) Maßnahmen zu verhängen, die auf eine Geburtenverhinderung innerhalb einer solchen Gruppe gerichtet sind; e) gewaltsam Kinder aus einer Gruppe in eine andere Gruppe zu überführen“.
Im Art. III werden die Straftatbestände ebenso ausführlich fixiert: “Die folgenden Handlungen sind zu bestrafen: 1. Völkermord, 2. Verschwörung zur Begehung von Völkermord, 3. unmittelbare und öffentliche Anreizung zur Begehung von Völkermord, 4. Versuch, Völkermord zu begehen, 5.Teilnahme am Völkermord.”
Die Definition macht also das Vorliegen des Genozids expressis verbis von der ABSICHT abhängig. Hatte Stalin die Absicht, das ukrainische Volk oder Teile von ihm (“Kulaken”, Angehörige der Intelligenz) zu vernichten? Alles deutet darauf hin, dass er sie gezielt bestrafen wollte und damit lag die Absicht vor, dies zu tun. Fast das Gleiche gilt auch für die Handlungen Stalins gegen Teile des kasachischen Volkes. Es ist ferner erforderlich, den Gesamtzusammenhang zu berücksichtigen, dass eben zu jener Zeit in Sowjetrussland der Staatsterror allgegenwärtig war. Die “Säuberungen” in den 30er- Jahren haben erneut bestätigt, dass Stalin bereit war, auf dem Altar des “Kommunismus” zig Tausende Menschen skrupellos zu opfern. Für den verblendeten, hoch fanatisierten und halb zivilisierten Verbrecher Stalin waren solche Barbareien Peanuts.
Es wird sachlich konstatiert, dass die Kriegstaktik (zivile Objekte, gezielte Zerstörung der kritischen Infrastruktur mit verhängnisvollen Folgen für die Bevölkerung, vor allem für ältere Menschen und für Kinder) des russischen Aggressors gegen die Ukraine stellt nicht nur schwerwiegende Kriegsverbrechen, sondern darüber hinaus auch ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit dar.
Außerdem geht es um eine besonders barbarische Form des Staatsterrors. Etwa seit 1963 sind von der UNO über 13 internationale Dokumente (Konventionen, Erklärungen) über den Terror verfasst worden. Etliche sind inzwischen in Kraft getreten. Es wurde immer wieder versucht, den Begriff Terror genau zu definieren. Erst 201 konnten im Rahmen der UNO die wesentlichen Merkmale des Begriffs Terror erarbeitet werden: a) Anwendung von schwerer Gewalt gegen Zivilisten, zivile oder staatliche Einrichtungen. b) Schaffung eines Klimas der allgemeinen Angst. c) Es soll ferner nachgewiesen werden, dass die Regierung nicht imstande ist, die eigenen Bürger zu schützen. Die UNO meint zwar den internationalen Terror, wie z.B. u.a. den bekannten Terror des “Islamischen Staates”, jedoch diese Merkmale treffen auch auf den Einsatz von Raketen gegen zivile Objekte zu, deren Hauptziel darin besteht, eine allgemeine Atmosphäre der Angst zu schaffen, um den Kampfeswillen des ukrainischen Volkes zu brechen. So gesehen, kann im Prinzip Russland als ein Terrorstaat eingeschätzt werden.
In der Strategie und Taktik der russischen Aggressionsarmee kann man ferner schon genozide Elemente feststellen.
Kurzum: Russland ist dabei, mit unvorstellbarer Brutalität, ja Bestialität, den nächsten Völkermord an den Ukrainern zu begehen. Hieraus ergibt sich für die zivilisierte Welt die moralisch-ethische Pflicht, diese Barbarei zu verhindern. Siehe ausführlich:
-Panos Terz, Wissenschaft vom Völkerrecht: Theorie des Völkerrechts, Philosophie des Völkerrechts, Soziologie des Völkerrechts, Methodologie des Völkerrechts, ISBN: 978-620-0-67264-3, Saarbrücken 2021.
-Panos Terz, The science of international law, ISBN: 978-620-3-97855-1, Saarbrücken 2021.
-Panos Terz, Quelques problèmes de droit international, Recueil d’écrits, ISBN: 978-620-4-10192-7, Saarbrücken 2021
-Панос Терц, Отдельные проблемы международного права, ISBN-13: 978-620-4-10170-5, Saarbrücken 2021
Prof.i.R.,Dr.,Dr.sc.,Dr.habil., Völkerrecht, Theorie der internationalen Beziehungen, Allgemeine Methodologie der wissenschaftlichen Grundlagenforschung
veröff.in : Beliner Zeitung, taz, Focus, Frankfurter Allgemeine Zeitung (30.11.22), Neue Zürcher Zeitung (2.12.22)