Terrorismus
Ein sachlicher, systematischer und populärwissenschaftlicher Ansatz
Zunächst werden wir uns mit dem Begriff des Terrorismus befassen, der
eine Übersetzung des französischen Wortes terrorisme ist, das vom Wort terreur abgeleitet ist (Duden, Das große Fremdwörterbuch, Leipzig, Wien u.a., 2000, S. 1336), das wiederum auf das lateinische Substantiv terror (etwas, das Schrecken verursacht) vom Verb terrere (Schrecken verbreiten durch Gewalttaten) zurückgeht.
Der römische Geschichtsschreiber Livius verwendet z.B. die Ausdrücke “terror servilis” (“Schrecken, der von Sklaven ausgeht”) und “terrorem habere ab alga re” (“Schrecken vor etwas”), Latein-Deutsches Handwörterbuch, K.E.Georges, Leipzig, 1890, S. 2523 ). Der Begriff Terror gehört zur der Politischen Philosophie und zu der Politikwissenschaft.
Obwohl das Phänomen des Terrorismus, z.B. das Problem der gerechtfertigten Tötung von Tyrannen, bereits im antiken Griechenland bekann twar, wurde der Begriff Terrorismus durch die Französische Revolution geprägt, die einen soziopolitischen Charakter hatte. Zum ersten Mal haben die Jakobiner den gefürchteten Ausdruck “regime de terreur” (“Terrorregime”) eingeführt und verwendet, aber ihrer Meinung nach war dieser etwas Positives. Dies geschah am 5. September 1793, als die Nationalversammlung das berüchtigte Dokument “Terroristische Maßnahmen zur Unterdrückung konterrevolutionärer Handlungen” erließ, das zur Grundlage für die Ermordung von 40.000 Menschen in acht Monaten wurde. Diese besondere Form der jakobinischen Macht dauerte von 1793 bis 1794.
Der große deutsche Philosoph Hegel hat sich mit der terroristischen Herrschaftsform der französischen Revolutionäre in der letzten Phase der Revolution befasst und die Auffassung vertreten, dass eine revolutionäre Situation, die auf die Festigung der Freiheit abzielt, in Ermangelung staatlicher Institutionen zum Schutz der Freiheit allmählich in Terrorismus umschlagen kann. So wird eine politische Situation geschaffen, in der die “subjektive Tugend” durch die politische Meinung regiert, was zum schrecklichsten Terrorismus führt (Vorlesungen Philosophiegeschichte, Sämtliche Werke, Band XI, S. 561). Vor allem zwischen den 70er und 90er -Jahren haben sich Experten in Europa und den USA mit dem vielschichtigen Phänomen des Terrorismus beschäftigt. Wir werden versuchen, die wichtigsten Ansichten zu nennen.
Eine Sichtweise identifiziert den Kern des Terrorismus als das Ziel, Terror zu verbreiten. Eine andere Sichtweise verweist auf die Beziehung zwischen dem Ziel und den Mitteln, um es zu erreichen.
Letztlich geht es um die Anwendung von Gewalt gegen Menschen und Dinge, um politische oder “moralische” Ziele zu erreichen. Die verfassungs- und gesetzeskonforme Gewaltanwendung durch staatliche Organe gehört nicht dazu, es sei denn, die Gewalt ist menschenrechtswidrig, wie der Staatsterrorismus (z.B. in Nordkorea oder schon zu Zeiten Stalins, teilweise auch Lenins oder in Südafrika durch das Apartheidsystem). Was die Ausübung von Gewalt betrifft, so ist sie an sich rechtlich gesehen kriminell, unterscheidet sich aber generell von anderen Straftaten. Auf diese Weise unterscheidet sich der Terrorismus von der Anwendung von Gewalt im Rahmen von Kriegen, Bürgerkriegen und Guerillakämpfen.
Wir weisen auch auf einen weiteren Unterschied hin, nämlich die Unterscheidung zwischen primären und sekundären Zwecken der Gewalt. Zur ersten Kategorie gehören politische Institutionen, gegen die sich die Gewalt richtet. Im zweiten Fall sind Menschen oder staatliche Einrichtungen das Objekt der Gewalt, um eine Regierung zu zwingen, das zu tun, was die Terroristen anstreben.
Was die Rechtfertigung betrifft, so gibt es einen Unterschied zwischen dem Staatsterrorismus und “revolutionärem Terrorismus”. Im ersten Fall wird seitens des Staates Gewalt gegen die Bevölkerung angewandt, und es gibt dabei keine moralische Rechtfertigung. Der interessantere “Revolutionäre Terrorismus” hat als Hauptziel die Destabilisierung der oder eine Änderung des soziopolitischen Systems herbeizuführen. Solche Gewalt beruht nicht auf Institutionen, sondern auf der Selbstautorisierung von Gründen für die eigenen politischen Ziele. Aber auch bei der Rechtfertigung von “Revolutionärem Terrorismus” muss unterschieden werden.
α) Wenn unmoralische Zwecke verfolgt werden, wie z.B. die Durchsetzung von rassistischer Ideen. Hier gilt keine moralische Rechtfertigung.
b) Aber auch bei der Verwirklichung moralischer Zwecke, wie z.B. der Herstellung von Gleichheit und Gerechtigkeit, kann unter normalen Umständen keine Gewalt gerechtfertigt werden (Standard Enzyklopädie, Philosophie und Wissenschaftstheorie, J. Mittelstraß u.a. (Hrsg.),4 Bände, Band 4, Stuttgart, 2004, S.237).
Was bedeutet der Begriff Terrorismus? Wer ist eigentlich in der Lage, eine überzeugende Definition zu geben? Sicherlich sind es weder Politiker noch Journalisten, sondern Fachleute, darunter, wie bereits erwähnt, Vertreter der politischen Philosophie, aber auch der Politikwissenschaft, Soziologen und Psychologen.
Doch zunächst seien griechische Wörterbücher erwähnt. Λεξικόν νέας ελληνικής γλώσσης (Γ. Ζευγώλη κ.α.,Αθήναι , 2ος τόμος, σ. 2424) gibt folgende Definition: “Die Art und Weise, in der Vorherrschaft oder Aufzwingen von Macht in der sozialen Ordnung mit harten Maßnahmen: Der “weiße Terrorismus”, der von der etablierten Bourgeoisie ausgeübt wird; der “rote Terrorismus”, der von den Revolutionären gegen die Bourgeoisie eingesetzt wird”. Diese Definition verwechselt zweifelsohne soziale Revolutionen mit dem Phänomen des Terrorismus und ist daher abzulehnen.
Die Definition im «Ετυμολογικό Λεξικό της Νέας ελληνικής γλώσσας», Αθήνα, 2010, σ. 1456/57 von Μπαμπινιώτης beschränkt das Phänomen des Terrorismus auf die Dauer von Gewaltakten und Massenhinrichtungen im letzten Stadium der Französischen Revolution. Sie ist wegen ihrer Einseitigkeit und Oberflächlichkeit ebenso abzulehnen.
Die Definition der Soziologen wiederum sieht den Terrorismus als “eine Methode, durch den Einsatz von physischer und psychischer Gewalt und sogar physischer Zerstörung einen systematischen Terror zu erzeugen mit dem Ziel, den eigenen Machtanspruch gegenüber anderen Gruppen durchzusetzen” ( W. Fuchs-Heinritz et alt. (Hrsg.), Lexikon zur Soziologie, Opladen, 1995, S. 674). Aber auch diese Definition ist nicht völlig überzeugend.
Auf internationaler Ebene hat die UNO seit Anfang der 1970er -Jahre immer wieder große Anstrengungen unternommen, um eine Konvention über das Verbot und die Bestrafung des Terrorismus auszuarbeiten, aber die verschiedenen Staaten konnten sich nicht auf eine Definition des Terrorismus einigen.
Es gibt gegensätzliche Interpretationen, z.B. werden militante Palästinenser in vielen Ländern als Freiheitskämpfer betrachtet, andere Länder bezeichnen sie aber als Terroristen, in Israel ohnehin.
Bereits 1972 gab es Vorschläge, den Terrorismus als vorsätzliche Anwendung tödlicher Gewalt gegen Zivilisten zu politischen Zwecken zu definieren. Ein Doktorand und zwei Studenten, die in den 1970er-Jahren unter der wissenschaftlichen Aufsicht des Autors standen, haben in wissenschaftlichen Arbeit zu diesem Thema geschrieben und verteidigt.
Im Jahr 1992 wurde in der UN-Resolution 731 festgestellt, dass der Terrorismus, unabhängig von seinen Zielen, eine Gefahr für den Weltfrieden darstellt. Im Jahr 2001 wurde endlich eine überzeugendste Definition formuliert: “Terrorismus ist jede Handlung, die den Tod oder schwere Verletzungen von Zivilisten verursachen kann … wenn sie durch die Angst der Bevölkerung oder einer Regierung motiviert ist, nach dem Willen der Terroristen zu handeln”.
Das “Internationale Übereinkommen zur Bekämpfung der widerrechtlichen Inbesitznahme von Luftfahrzeugen” (Flugzeugentführungen, hijacking. ) gibt es seit 1970. Ein sudanesischer Diplomat hat seine Doktorarbeit über dieses Thema unter meiner wissenschaftlichen Betreuung verfasst und 1978 mit magna cum laude verteidigt.
Es ist sehr interessant, den großen Wandel in der offiziellen Position der damaligen Sowjetunion zu dem damals aktuellen Thema der Flugzeugentführungen zu erwähnen. Jahrelang hatte die Sowjetunion die Aktionen der vor allem südamerikanischen Entführer als eine besondere Form des antiimperialistischen Kampfes bewertet. Als jedoch ein Sowjetbürger ein Flugzeug entführte, änderte das damals mächtige Land sofort seine politische Haltung und begann, Flugzeugentführungen sowohl allgemein als auch im Rahmen der UNO zu verurteilen.
Aus methodischer Sicht wäre es besser, eine Synthese der oben genannten Definitionen des Terrorismus vorzunehmen, und zwar mit den folgenden Merkmalen:
α) Anwendung schwerer Gewalt gegen die Zivilbevölkerung, politische oder staatliche Einrichtungen.
b) Schaffung eines Klimas des allgemeinen Terrors.
c) Der Zweck besteht darin, zu beweisen, dass die Regierung unfähig ist, mit Terroristen umzugehen.
d) Das wichtigste Motiv ist die Verwirklichung extremer ideologischer und politischer Ziele, wie die Ablösung einer Regierung durch eine andere oder eines soziopolitischen Regimes durch ein anderes.
e) Terroristische Handlungen können nicht ideologisch, politisch oder religiös gerechtfertigt werden (z. B. Al Qaida, “Islamischer Staat”), da sie ihrem Wesen nach kriminell sind.
Nach dem kläglichen Scheitern und Zusammenbruch des “Real existierneden Sozialismus” fragt man sich, was die terroristischen Pseudorevolutionäre wirklich noch wollen.
Schlussfolgerungen:
α) Griechische und auch lateinamerikanische Terroristen erheben ihre eigenen politischen Überzeugungen zum einzigen Prinzip und Kriterium dessen, was in der Gesellschaft richtig, moralisch und gerecht ist. Die griechischen Terroristen sind von einem überdimensionalen Surrealismus besessen, weil sie davon überzeugt sind, durch Terrorakte die Macht in einem europäischen Land, das Mitglied der NATO und der Europäischen Union ist, übernehmen zu können, um ein soziopolitisches System vielleicht à la Pol Pot (Kambodscha) zu errichten, der ein Drittel der Bevölkerung im Namen des “echten Kommunismus” ausgelöscht hat.
b) Terroristen verleihen sich selbst Autorität (Selbstermächtigung) und agieren gleichzeitig als Polizist, als Staatsanwalt, als Richter und als Scharfrichter, obwohl die Tötung von Menschen nach internationalem, europäischem und nationalem Recht nicht zulässig ist. Dieses Verbot ist zweifelsohne ein Zeichen höherer Zivilisation.
c) Die Taten von Terroristen sind nach den oben genannten Rechtssystemen STRAFTATEN, d.h., dass die Terroristen sind kriminelle Elemente sind. Keine Ideologie kann als Rechtfertigung für ihre Verbrechen gelten.
d) Sie sollten auf der Grundlage des Strafrechts exemplarisch bestraft werde
e) Parteien mit terroristischen gesinnten Funktionären sind höchst ungeeignet, um in einem europäischen Land die Macht zu übernehmen.
Weitere Literatur
-Dipak K. Gupta, Understanding Terrorism and Political Violenc, London, New York 2008.
-Κλειτσίκας,Ν./ A. Speranzoni, Φαινόμενα Τρομοκρατίας-Ο ελληνικός νεοφασισμός μέσα από τα αρχεία των Μυστικών Υπηρεσιών, Αθήνα 2003.
-Nohlen D., F.Grotz, Kleines Lexikon der Politik, München 2015.
-Peil, F., Terrorismus – wie wir uns schützen können, Hamburg 2016.
-Waldmann P., Terrorismus. Provokation der Macht., München 1999.
-Whittaker D.J. (Hrsg.), The Terrorism Reader, Abingdon 2012.
Von 2014-2017 einige Male in den griechischen Zeitungen Καθημερινή (Kathimerini), Ta Nea (Τα Νέα) und To Wima (Το Βήμα)veröffentlicht.
Aus meinem, Buch: Παναγιώτης Δημητρίου Τερζόπουλος (Panos Terz), Εγκυκλοπαιδική και Κοινωνική Μόρφωση, Εκλαϊκευμένα: Φιλοσοφία, Διεθνές Δίκαιο, Διεθνείς Σχέσεις, Πολιτολογία, Πρώτος Τόμος (Enzyklopädische und Allgemeinbildung, populärwissenschaftlich: Philosophie, Völkerrecht, Internationale Beziehungen, Politik, Erster Band), ISBN: 978-620-0-61337-0, Saarbrücken 2020, 289 Seiten, S.204.